Tuesday, April 22nd, 2008...9:24 pm

WEEKEND IN ZÜRICH

Besuch aus Deutschland, genauer aus dem Saarland – meiner Heimat. Obwohl seit nunmehr vier Jahren Zürich meine neue ‘Wahlheimat’ ist.
Besucher habe ich hier häufig, meistens wollen sie das sehen, wofür Zürich vor allem im Ausland berühmt ist. Aber diesmal habe ich eine Stadtführung abseits der noblen Bahnhofstrasse und des touristischen Niederdorfs mit meinen deutschen Freunden gemacht.
Für alle, die ZH nicht kennen: Zürichs Stadtteile haben nicht nur Namen sondern auch Nummern, die identisch sind mit den letzten Ziffern der Postleitzahlen. Zum Beispiel, Kreis 1 (PLZ 8001) ist die Innenstadt, Kreis 8 ist das noble Viertel Seefeld, Kreis 11 ist Oerlikon und Seebach (da wohnen die “Dampfdaehler” wie wir sagen würden), die Kreise 4 und 5 sind die ‘übelsten’, wo sich alte Fabriken, verwohnte und teils verwahrloste Häuser, und das ‘Rotlicht-Mileu’ finden.
Ein Samstag im März, ein wunderschöner und sonniger Tag mit sage und schreibe 18°C. Nach einem feinen Schweizer Frühstück mit Birchermüsli und ‘Gipfeli’ haben wir uns auf den Weg gemacht in Richtung Stauffacher, dort fängt man diesen “Kreislauf 4 + 5” nämlich am besten an.

zhamfluss.jpg

Dieses etwas “verruchte” Quartier um die Langstrasse und das umliegende Rotlichtmilieu ist Zürichs buntestes Viertel. Multikulturell, heterogen, grossstädtisch wie sonst nirgends in dieser Stadt. Neben der Druckerei der Laden mit orientalischen Spezialitäten, der Kindergarten und das italienische Ristorante, das ‘Chemiserie-Geschäft’, der Sex-Shop, der Dönerstand, der Plattenladen, der Thai Take Away, das In-Lokal, der persisische Teppichhändler, das ‘Tabaklädli’, der ‘Velomech’, das kurdische Vereinslokal, die Kunst-Galerie in der ehemaligen Apotheke, der afrikanische Coiffeur.(1) Dieser Stadtteil ist einmalig in seiner Art, eine ‘vielfältige Welt’, die geprägt ist von Menschen, die sich in diesem Viertel aufhalten, hier wohnen oder einfach nur auf der Durchreise sind.

Viele kleine Handwerksbetriebe gibt es dort; viele junge Künstler, Schneider, Designer haben sich dort angesiedelt, weil die Mieten noch nicht ganz so hoch sind. So hat sich hier ein kleines „Eldorado für das Besondere“ gebildet.

Da ist zum Beispiel der kleine Laden, der nur Fell, Leder, ausgefallene Taschen und Gürtel verkauft…unglaublich so was habe ich noch nicht gesehen. Dann die Galerie, die in einer alten Apotheke untergebracht ist. Ein besonderes Erlebnis war der Besuch bei der Designerin von AMOK (sie hat die Männerröcke erfunden) 2). Wir haben in ihrem Atelier geklopft…. und sie gab uns den Schlüssel für ihren Keller-Laden, der gleichzeitig noch eine ganz ausgesprochen spezielle „Ausstellung“ beherbergte. Sie hat erzählt und uns Ihre Kleider gezeigt – das ist unbedingt einen Abstecher wert.
Danach waren wir noch in einem ‘Brocki’ (Brockenhaus/ Secondhand) das sich nur auf Möbel und Wohnaccessoires von 1950-70 spezialisiert hat, vom Gartenstuhl bis zur Einbauküche….toll!!!

Ich kann gar nicht mehr sagen WO wir überall hinein geschaut haben. Das gibt’s soviet zu sehen, und die Namen sind originell und manchmal mehr als treffend: Individum-Bleibtreu, No.Be, Saus&Braus, Elastique, Fort&Nah, Making Things, Schuh-Cafe, Rabatt, Bord, Firma, AMOK,Hannibal, Redroom, Asphalt, Bikini,TischundStuhl, Ida Gut, Fabric Frontline, Flohmarkt am Helvezia Platz.

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Total erschöpft sind wir dann am späten Nachmittag von lauter Design und Inspiration auf dem Weg zurück über die Josefstrasse in die Innenstadt bei Paolo Careddas Confiserie vorbeigegangen, und mussten uns seinen Verlockungen ergeben. Unsere Augen konnten sich kaum satt essen an den feinen Fruchttörtchen, und den wunderbaren Cornetti und Aragoste, aus denen üppig Vanillecreme quillt……mmmmh. Und der Espresso dazu, ein Traum!

Dann, noch mehr erschöpft von Vanillecreme und Espresso weiter, zum ‘Apero’ eingekehrt….und haben auf diesen wunderbaren Kreislauf mit einem ‘Chüppli’ angestossen. Zum Wohl auf „the little big city“ !!!

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Text und Fotos: Ute B., 44 Jahre, Deutsche, professioneller “Gourmet”, lebt seit 2004 gern in Zürich

1) frei nach “Kreislauf 4+5, Mode und Design rund um die Langstrasse”. www.kreislauf4und5.ch
2) Amok Men’s Fashion, www.amok.ch

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